Zärtlich wie Seladon - Eine kostbare Glasur erobert die Welt

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Blass graugrün schimmert die Glasur, die auf den ersten Blick an wertvolle Jade erinnert und schon seit Jahrtausenden verschiedenste Keramiken ziert. Bereits in der Antike wurde die Seladon-Glasur hochgeschätzt – ihre Ursprünge liegen in China.

Geschirr mit Seladon Glasur

Damals hieß es sogar, Seladon-Geschirr würde seine Farbe ändern, sobald es vergiftetes Essen enthielt. Ob dies der Wahrheit entsprach, kann heute leider niemand mehr bezeugen. Sicher ist jedoch, dass sich eine der ältesten nach Europa importierten Seladonschalen im Hessischen Landesmuseum in Kassel befindet. Sie stammt aus dem 15. Jahrhundert. Und auch heute werden immer noch Seladon-Glasuren angefertigt, unter anderem von dem aus Seoul stammenden Keramiker und Professor Kap-Sun Hwang. Bei seiner Schalenserie „QI“ für die Porzellan-Manufaktur Fürstenberg übertrug er erstmalig die einzigartige Glasurtechnik auf Porzellan. 

Wie entstand Ihr Interesse an Keramik?

Schon in jungen Jahren war ich von der Vielfalt bei Gesteinen und Sand fasziniert. Dies war wahrscheinlich der Auslöser für mein Interesse. 1983 begann ich daraufhin mein Studium der Keramik an der Seoul National University, das ich 1986 abschloss. Außerdem war ich zutiefst beeindruckt von den Arbeiten der „Gruppe 83“, einer Vereinigung deutscher Keramiker, die 1985 in Seoul ausstellte. Von da an träumte ich von einem Studium im Ausland, das ich zum Glück verwirklichen konnte.

Was fasziniert Sie an der Arbeit mit Keramik?


Der einzigartige Ausdruck, das reflektierte Licht, so hell wie der Sonnenschein, sowie die Härte und die Oberfläche des physikalisch und chemisch zusammengesetzten Materials sind für mich ganz besonders. Außerdem ist Töpfern eine Arbeit, die einen niedrigen Schwierigkeitsgrad hat. Es ist wie mit einem Instrument: Man fängt klein an und lernt immer mehr dazu, bis man es perfekt beherrscht. Dies hat für mich einen besonderen Reiz.

Schnell haben Sie sich auf Glasuren spezialisiert. Eine bekannte Glasur ist die Seladon-Glasur, die ursprünglich aus China stammt. Welche Geschichte hat sie?

China bevorzugt traditionell Jade. Besonders bläuliche Jade war sehr beliebt und die Nachfrage groß. Da Seladon der Farbe von Jade sehr ähnelt, könnte dies der Grund für die Entstehung von Seladon-Glasuren sein. Der Name stammt aus dem französischen Schäferroman „L‘Astrée“ von Honoré d‘Urfé (1568–1625). Die Hauptfigur heißt Céladon und trägt ein grünes Gewand, das der Farbe des heutigen Seladons entspricht.

Seladon-Glasuren gelten als besonders kostbar. Warum?

Da weder die Herstellung besonders aufwendig noch die Materialien überaus teuer sind, muss es andere Gründe für die Kostbarkeit von Seladon geben. Ich denke, es ist vielmehr die Farbe, die den Reiz ausmacht. Sie ist hell, ähnelt sowohl dem Wasser als auch dem Himmel, ist klar, natürlich, tief und elegant. Daher wird die Glasur schon seit langer Zeit wegen ihrer Schönheit hoch gepriesen. Außerdem gibt es keine Glasur, die an so vielen Orten, in so vielen Kulturen und über eine so lange Zeit hinweg derart geschätzt wurde. Ihre tausendjährige Geschichte ist also auch ein Grund für ihre Beliebtheit. Und auch heute hält ihre Popularität weiterhin an. Viele Keramiker, darunter auch ich, beschäftigen sich mit der Glasur, setzen sie in ihren Arbeiten ein und entwickeln sie weiter.

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Früher gab es den Ausdruck „Zärtlich wie Seladon“. Woher stammt diese Redensart?

Allgemein ist Seladon transparent und zugleich weich. Je dicker die Schicht ist, desto intensiver wird die Farbe. Die dick aufgetragene Glasur schmilzt und fließt herunter. Dies sieht sehr zart und seidig aus. Ich könnte mir vorstellen, dass sich der Ausdruck auf dieses Phänomen bezieht. Er soll die einzigartige Schönheit einer Sache oder Person herausstellen. 

Für Ihre Schalenserie „QI“ für die Porzellan-Manufaktur Fürstenberg fertigten Sie Seladon-Glasuren an. Was bedeutet der Name und woher nahmen Sie die Inspiration?

„QI“ stammt aus dem Chinesischen und bedeutet „Energie“. Inspiriert wurde ich von einer blühenden Blume, die ganz zart ihre Blütenblätter öffnet. Mein Ziel war es, die geschichtsträchtige Seladon-Glasur mit ihrer Zartheit und Transparenz industriell herzustellen und sie mit dem hellen Fürstenberg-Porzellan zu vereinen. Es war das erste Mal, dass diese Glasurtechnik auf Porzellan angewendet wurde. Am Ende ist ein fünfteiliges Schalenset entstanden, dessen Innenflächen in einem zarten Blaugrün schimmern, während die unglasierten Außenseiten samtig in ihrer Haptik sind.

Woran arbeiten Sie zurzeit? Was sind Ihre zukünftigen Projekte?

In der letzten Zeit habe ich Glasuren mit Strontiumcarbonat entwickelt, die ich für meine neuen Arbeiten verwenden werde. Außerdem möchte ich mit meinen Studenten weiterhin an der Seladon-Glasur arbeiten. Inspiriert von der Tatsache, dass Seladon in China zum Teil als Jade-Ersatz produziert wurde, planen wir demnächst den Effekt der Übersättigung von Quarz zu nutzen. Es steht also so einiges an!

Was ist für Sie persönlich kostbar – im Leben und im Rahmen Ihres Berufs?

Früher war ich sehr neugierig und interessierte mich für Spiritualität, auch wenn ich nicht alles verstand. Heute arbeite ich viel und verbringe den Rest des Tages mit Träumen. Dabei versuche ich immer, mich selbst zu beobachten. Zu meinen Studenten sage ich oft: „Ich produziere solche und solche Schalen. Aber es ist nicht das oberste Ziel, diese Schalen zu erschaffen, sondern durch diese Arbeit euch selbst zu erschaffen.“ Und das ist viel leichter gesagt als getan! Auch mir fällt es oftmals schwer, diese Worte zu leben. Insgesamt kann ich sagen, dass mir, sowohl im Leben als auch im Beruf, das durch mein Umfeld erschaffene „Ich“ kostbar ist.

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